Bei meinem allerersten Besuch mit Hands at work in Mosambik haben wir auch den Care Point in Matsiniho besucht. In diesen Care Points, die Hands at Work in unterschiedlichen Ländern in Afrika unterstützt, sorgen Ehrenamtliche, zum größten Teil Frauen, für die bedürftigsten Kinder und ihre Familien: Die Kinder erhalten eine warme Mahlzeit, medizinische Versorgung und Schulbildung; aber vor allem erleben sie Menschen, die sich für sie interessieren und sich um sie kümmern.
Wie immer bei unseren Besuchen starteten wir mit einer kleinen Zusammenkunft mit den Care Workern: Singen, Tanzen, Klatschen, sich Kennenlernen, Ansprache, Gebete…und dies alles in einer unbeschreiblichen Atmosphäre voller Freude und Lebendigkeit, die ich bis dahin nur aus dem Fernsehen kannte und die mich vor Ort total begeistert hat!
Nach dem Kennenlernen bildeten sich kleine Gruppen, die mit den Care Workern zu Hausbesuchen aufbrachen – also zu den Familien der betreuten Kinder. Ich ging mit einem Care Worker zu Gogo (Bezeichnung für „Oma“) Maria*.
Außer Maria trafen wir dort zwei ihrer Töchter, die gerade zu Besuch waren, und acht Enkel.
Als Maria aus ihrem Leben erzählte, saß ich ihr gegenüber. Als ich hörte und sah, wie sie lebt und was sie zu bewältigen hat, liefen mir die Tränen, weil ich so viel Lebenslast kaum fassen konnte.
Im Bürgerkrieg (1977-1992) hat sie durch eine Landmine ihr linkes Bein verloren. Die Beinprothese, die sie danach bekommen hatte, war inzwischen viel zu kurz – das bedeutete, dass sie stark humpelte und ihr jeder Schritt schwer fiel.
Zwei Töchter von Maria sind gestorben und haben insgesamt fünf Kinder hinterlassen. Um diese Enkel kümmert sich Maria, egal wie schlecht es ihr geht, wie stark die Schmerzen im Bein und in der Hüfte sind – weil es sonst niemanden gibt, der oder die sich um die Kinder kümmert. Sie baut Mais an, kocht und versorgt die Kinder so gut sie kann, obwohl jeder Schritt beschwerlich ist.
Besonders berührt hat mich, dass Maria unseren Besuch als Zeichen Gottes verstanden hat, als Zeichen, dass Gott sie sieht.
Die Enkel von Maria werden in Zukunft den Care Point Matsinhio B besuchen dürfen – weil es Menschen gab, die sich auf den Weg in dieses entlegene Dorf gemacht haben und dort nach den Ärmsten der Armen gesucht haben, um ihnen zu helfen – und Maria und ihre Familie gesehen haben!
Am Ende unseres Besuchs durften wir ein Foto von Maria und ihrer Familie machen:
Mich hat dieser Besuch sehr berührt und lange bewegt.
Einige Tage nach unserer Rückkehr aus Afrika kam George Snyman (der Mitbegründer von Hands at Work) nach Deutschland und war während seines Aufenthalts bei uns zu Gast. Wir hatten Gelegenheit, mit ihm über Maria zu sprechen und ich fragte ihn, ob es möglich wäre, Maria medizinische Hilfe zukommen zu lassen, damit sie eine neue Prothese bekommt.
Er selbst hatte schon eine Idee dazu entwickelt, als ich damals bei unserem Besuch in der Hands-Zentrale von Maria erzählt hatte: Eine Frau aus Kanada, die schon länger mit Hands at Work in Verbindung steht und deren Ehemann Orthopädiebedarf herstellt, wollte im Juli nach Afrika kommen. George hatte die Idee, sie zu fragen, ob ihr Ehemann für Maria eine neue Prothese anfertigen kann. Ich war sehr gespannt, ob das klappen würde. Zwischendurch hat es mich immer wieder beschäftigt, wie es Maria wohl geht.
Ein paar Wochen später kam eine WhatsApp–Nachricht von George:
„Maria hat eine neue Prothese und kann neu laufen lernen!“ Diese Nachricht hat mich riesig gefreut und unglaublich dankbar gemacht – dankbar dafür, dass über diese weltweite Verbundenheit im Projekt „Hands at Work“ Menschen in Afrika ganz konkrete Hilfe für ihren Lebensalltag erhalten: sei es eine neue Prothese, eine warme Mahlzeit, medizinische Versorgung, die Möglichkeit, zur Schule gehen zu können – aber vor allem das Gefühl, gesehen zu werden.
Sandra Hagemann
*Name geändert